Welcher Wodka für die Bar? Heute am Beispiel: Deutscher Wodka, Sash & Fritz. Ein Wodka Tasting?

Sash & Fritz Wodka aus Berlin
Wie bereits bei der Scheibel Moor Birne erwähnt, war ich vor einigen Tagen spontan zu Besuch im neuen Weinquelle Hauptquartier. Und neben der Scheibel Moor Birne bekam ich unerwartet eine zweite Flasche in die Hand gedrückt. Deutscher Wodka. Sash & Fritz. Und das mir.

In dem einen oder anderem Medien habe ich in der letzten Jahren lesen können, das ich ein Wodka Basher bin. Das ist natürlich Quatsch. Gut: die grundsätzlich langweiligste aller Spirituosen begeistert mich nicht oft all zu sehr.  Keine Spirituosen Kategorie wurde wohl durch schwachsinniges Marketing, überzogene Preise und wenig Qualität in der Flasche über Jahre so gekonnt verbrannt.

Andererseits gibt es seit einigen Jahren Bewegung im Wodka Segment. Auch aus Deutschland. Wodka bekommt Herzblut und Seele - glücklicherweise keine Reine mehr.

Geschmack kommt in den Wokda. Das ist Fluch und Segen. Denn eigentlich erwartet das niemand. Es irritiert. Einige wenige verstehen es bereits. Viel Bewegung ist im Wodka Sortiment. Produktionsverfahren ändern sich. Stilistiken ändern sich. Die Grenzen zu anderen Kategorien werden fliessend. Ist das noch Wodka? Leicht hat er es nicht. Andererseits locken die höchsten Gewinne...

Freimut Wodka 

Ich weiss. In der Überschrift habe ich Ihnen etwas von Sash & Fritz versprochen. Kommt ja noch. Reden wir erst einmal über einen Protagonisten der "neuen" Wodka Bewegung. Wodka mit Herzblut und Geschmack.

Freimut Wodka ist in den letzten Jahren so ein ambitioniertes Herzensprojekt. Florian Renschin hat den Wodka Freimut kreiert. Er läßt Ihn bei  Jürgen Behlen von der Spezial Brennerei Behlen in Hessen brennen. Und trägt Sorge für die Qualität. Vom Feld bis in die Flasche. Bester Roggen, gute Produzenten. Und er will Wodka mit Geschmack machen. Und es ist Ihm gelungen.

Ich verkaufe Ihn gerne in meinen Bar. Allerdings ist es schwierig.  Sprich wir verkaufen wenig Freimut. Jede Bar braucht Vodka. Doch in der Regel, wie sagen wir so schön: "Vodka pays the bill" brauchen man Ihn für diese unsäglichen Moscow Mule, das Zuckerwasser mit Wodka.  Ein wenig für die  Bloody Mary oder als Longdrink. Klassische Cocktails ? Fehlanzeige!

Sicherlich: Vodka Martini. Ich liebe Vodka Martini! Hier hat der Wodka die Chance all seinen Charme auszuspielen. Nur: Auf 100 Moscow Mule kommt ein Wodka Martini. Wenn es gut läuft... Für den Martini!

Es spricht selbstverständlich nichts gegen Neu Kreationen. Andererseits mag ich Drinks die die Spirtituose betonen. Wodka macht es einem nicht leicht...

Finally: Sash & Fitz

Nun saß ich vor einigen Tagen am Löwen Aussengehege und probierten Sash & Fritz. Und er gefällt. Er gefällt mir sehr gut.  Er ist mild. Man könnte vorschnell sagen "langweilig", Wodka halt!
Stimmt aber nicht. Er ist mild. Aber nicht langweilig. Leicht Ölig. Und zum Schluss kommt Würze und Finesse. Angenehmer langer Nachgeschmack. Sehr gut. Genau einen drüber über neutral.

Da ist er also. Sash & Fritz. Ein weitere neuer deutscher Wodka. Herr Lühmann hat mir eine recht lange Liste der in diesem Jahr gewonnen Auszeichnungen vorgelegt. Beeindruckend , andererseits auch unwichtig. Was zählt ist der Zweikampf. Mann gegen Wodka. Ich mag diesen Kampf. Ich greife frontal an, nehme den Wodka in den Würgegriff...

Das Gesamtpaket scheint ansprechend. Auch der Preis. Indirekt suche ich ja  nach einem Löwen kompatiblem Allzweck Wodka. Der Vorgänger Löwen Wodka wird vom deutschen Distributeur neuerdings im Lebensmittel Einzelhandel verheizt. Er passt somit nicht mehr in den Löwen. Ich habe Ihn ausgelistet... Wobei die 9,99 € bei Lidl schon verlockend waren.

Andererseits: Wenn Wodka Produzenten sich heute gerne "Vodka pays the bills" auf die Fahne (oder Ihr Sprüche T-Shirt) drucken, dann vergessen viele eben den eigentlichen Inhalt dieser Aussage: Wodka ist wichtig für Bar, Wodka macht oft Volumen, Wodka sollte daher eher dem Volumengeschmack "entsprechen". Wenn Wodka die Rechnungen zahlen soll, sollte er keinen all zu hohen Einkaufspreis haben. Nur dann funktioniert "Vodka pays the bills"

Und da beginnt die Sysyphusarbeit der neuen Deutschen Geschmacks - Wodka Produzenten. Die Preise "kleiner" Hersteller liegen ähnlich hoch wie bei dem "kleiner" Gin Hersteller. Nur leider will fast kein Kunde, im Gegensatz zu Gin, so einen Preis bezahlen. Es gibt wenig Nachfrage. Nicht in meinen Bars.

Beispiel gefällig ? Kurzer Blick ins Onlineportal für einen Brutto Preis Vergleich:

  • Freimut Vodka, 40 % Vol. - 59,50 € pro Liter
  • Sash & Fritz, 40 % Vol.  - 26,95 € pro Liter
  • Bazic Vodka, 40 % Vol. - 17,95 € pro Liter
  • Luksosowa Vodka 40% - 14,75 € pro Liter
Diese Liste, vielmehr die Auswahl, ergibt auf den ersten Blick für Sie vielleicht wenig Sinn. Ich hab Sie aus folgendem Grund aufgestellt:

Welcher Wodka für die Bar? 

Wenn ich Wodka oder Spirituosen für die Bar auswähle, dann ist das ein Gefühl. Wie fühlt sich das Produkt für mich an. Wie schätze ich das Produkt in den Augen meiner Gäste ein. Wenn ich es versuche in "Worte" zu fassen, sind es meist 6 Punkte:

  1. Geschmack. Schlicht und einfach. Darum gehts.
  2. Was will der Gast? Man sollte nicht immer zu viel Rücksicht auf Gäste nehmen. Jeder Barkeeper weiss, das wir, wenn wir es gut machen können, Gäste beeinflussen können, im positiven Sinne. Aber dennoch muss man für sich und seine Gäste auch Trends und Wünsche heraussuchen können. Man kann derzeit nur einen Gin in einer Bar haben. Aber in der Regel verkaufen sich auch 5-10 gerade sehr gut. Bei Wodka z.B. siehts anders aus. Ich denke die meisten Bars würden hier problemlos mit einer Sorte auskommen. Auf Le Lion bezogen bräuchte ich wahrscheinlich drei. Wir haben sogar ein paar mehr. Der Fluch der Kompromisse.
  3. Haptik, Aussehen. Ist ein untergeordneter Grund. Darf aber nie ganz fehlen. Wie wirkt das Produkt auf den ersten Blick? Ohne Details aus 4/5.) zu kennen? Billig? Cool? Wertig? Wie gesagt, ist lange nicht so wichtig wie andere Punkte. Aber es ganz zu vernachlässigen, wäre auch gelogen 
  4. Die Geschichte bzw. meine Wiederverkaufsarguemente. Dabei geht es nicht um dumme "Geschichten", wie Sie leider Alkoholbrands nach wie vor erzählen. Dummes Marketing Geschwätz interessiert nicht. Es geht um Herstellungverfahren, echte Qualität, Authenzität, Herkunft, Spleen, Image. Sprich, wie kann ich dem Gast gegenüber das Produkt ver-argumentieren.
  5. Wer steht dahinter? Gehört eigentlich zu Punkt vier. Ist für mich aber so wichtig, das er eine Einzellistung bekommt. Ich will immer wissen "Wer" hinter dem Produkt steht, und wem ich mein Geld zukommen lasse. Ich bin da auch recht persönlich. Es geht für mich primär auch um persönlich Sympathie. Da müssen meine Gäste das eine oder andere mal mit durch. Ich möchte Wissen, wem ich mein Geld zukommen lassen. Persönlich, aber auch gerade zum Le Lion Style passend, feature ich gerne eher kleine Hersteller. Es gibt kein grundsätzliches Problem mit großen Herstellern. Auch die haben wir im Angebot. Aber die Idee ist denke ich klar. Ganz große Probleme habe ich, wenn mir jemand etwas vormachen will, oder etwas verschweigt. Was ich zum Beispiel nicht mag, ist wenn vermeintlich kleinere Firmen das "Image" von  Craft, klein, Inhabergeführt, betonen, im Hintergrund aber große Firmen dahinter stecken. Solange alles transparent ist, ist es  fein. Aber ich habe z.B. eine Problem mit Firmen wie Distill Ventures, einer Unternehmung die einen der weltgrößten Spirituosen Konzerne, DIAGEO. mit in der Regel 20% und Vorkaufsrecht an vermeintlich "kleinen" Firmen beteiligen. Ratsherren Pils ist ähnlich gelagert. Spielt Craft ganz gekonnt, im Hintergrund aber Eigentum des großen Bierkonzern Nordmann. 
  6. Preis-Leistung Verhältnis. Dabei geht es um meine Wahrnehmung und wie ich die Wahrnehmung des Gastes einschätze. Sprich: laden Geschmack und Geschichte das Produkt mit soviel Wertigkeit auf, das der Gast das Gefühl hat, das Produkt hat einen angemessenen Wert? Gestehungskosten von gutem Wodka so 1-2 €uro pro Flasche sagt der Volksmund. Kurze Einteilung der vier Wodka von oben:
Die vier Wodkas oben habe ich ausgewählt, weil ich drei von Ihnen in meinen Bars führe. Soll ich Sash und Fritz mit aufnehmen, frage ich mich. Schliesslich gefällt mir der Geschmack. 

Freimut: Führen wir in der Bar. 
  1. Hat Geschmack. Gefällt mir. Ist aber erklärungsbedürftig und nicht jedermanns Sache. 
  2. Nicht jeder Gast will Wodka mit Geschmack. Nur ein paar wenige. Dafür habe ich Ihn im Porgramm. Ich finde es interessant und es ist ein weiteres Spektrum, wenn wir Wodka Freunde im Haus haben
  3. ok bis gut
  4. Florian Renschin gibt viele Argumente, gerade auch um Punkt 1 zu rechtfertigen. Er erklärt viel, man ahnt die Qualität und den Unterschied zu Massenherstellern. 
  5. Ich finde Florian Renschin sympatisch. Laut Handelsregister gehört die Freimut Spirituosen GmbH mehrheitlich zu 85 % Florian Renschin, zu 15% der Christoph Oliver Frehsee Beteiligungs- und Vermögensverwaltungs GmbH . Alles soweit ok. 
  6. ok. Erklärungsbedürftig. Ich finde Freimut nach wie vor hochpreisig, kann es aber gerade mit Hilfe der in Punkt 4 gelieferten Punkte vertreten und auch mehr oder weniger erfolgreich weiterverkaufen. Zum Mixen in der Regel zu teuer. 

Bazic: Führen wir in der Bar.
  1. Milder Geschmack. Typisch Weizen. Gut
  2. Ja, diesen Wodka finden die Gäste in der Regel gut. Geschmacklich und preislich genau das ,was unter Vodka verstanden wird. Gerade weil es "Hamburger Wodka" von zwei umtriebigen und sympathischen Hamburgern ist.
  3. ok bis gut
  4. Geht so. Es wird beim Produkt wenig erzählt. Was die Herstellung und den Hersteller angeht. Nicht ganz Transparent. Ein wenig Marketing Rethorik: 5x Destilliert, Via con Aua Wasser, Glutenfrei, Vegan. Alles ok, aber es dürfte mehr Tiefgang haben. Wenig über das eigentliche Produkt. Wichtig aber hier für mich und die Kunden: Hamburg. Und die beiden Hamburger dahinter.
  5. Die Lars-Oliver Fuhse und Hans Ferdinand Rösch -F & R Liquor GbR gehört Lars und Oliver. 
  6. Gut. Passt. Zum Mixen geeignet. 
Luksosowa Vodka: Führen wir in der Bar
  1. Cremig weich, fast lieblich. etwas mineralisch, gut. Geschmacklich das was man derzeit mehrheitlich unter Vodka versteht.
  2. Ja. Wobei Kunden Luksowa in der Regel gar nicht kennen. Man vertraut uns. Hinein in den Moscow Mule. 
  3. ok
  4. Ehrlich gestanden weiss ich hier recht wenig. Großer historischer Wodka Betriebe in Polen. Kartoffel Wodka.  
  5. Gehört zu Pernod Ricard Gruppe. Tja...
  6. Sehr gut. Mixen. Rechnungen bezahlen. 

Sash & Fritz - aufnehmen? 
  1. gefällt mir sehr gut. Weich aber nachhaltig. Würzig. Geschmack in Stufe zwei
  2. Ich denke ja. Geschmack ist gut. Aufmachung auch. Punkt vier bremst derzeit.
  3. ok bis gut
  4. Großer Minuspunkt. Die Geschichte die in die Öffentlichkeit getragen wird ist herrlich uninteressant. So ein Storytelling ist mir eher unsympatisch. Facebook und Co  wiederum lassen die Marke ganz sympathisch erscheinen. Aber es wird nichts wirklich interessantes über das Produkt erzählt. Auf Youtube findet man einen durch Weizenfelder tanzende Menschen Film - hurra. Bislang wurde meine Anfragen über "Wo und wer und wie" destilliert wird noch nicht beantwortet. Kann ja noch kommen. Der Wodka gewinnt gerade jede Menge Preise. Reicht mir aber nicht. 
  5. Habe bislang niemanden von der Firma kennengelernt, Wurden mir aber bisher gegenüber bereits als sympathisch erwähnt. Soweit also ok. Geschäftsführer, Sommelier und Weinhändler Peter Steger hält laut Handelregister über die Steger Beteiligungsverwaltungsgesellschaft mbH 51% der Sash & Fritz GmbH.  23 % gehen an Herrn Doktor Giuseppe Vita aus Mailand, 23% an die Exxas Management GmbH aus Klagenfurt Österreich und 3 % and die mrh Beteiligungs GmbH in Berlin.
  6. Im Moment gut. Wahrscheinlich. Wenn die Herstellungsdetails und dessen Story mehr hergeben würde, auf jeden Fall gut. Bislang fehlt mir da noch was, um mich abzuholen.  Laut Herrn Lühmann hat der Hersteller eine Preiserhöhung erwähnt. Marketing kostet. Dann wird man sehen müssen was Punkt 4 letztendlich hergibt. 
Ich bin unschlüssig. Ich warte mal, ob Sash und Fritz antworten und mir ein wenig über das Produkt und die Macher dahinter erzählen.  Ich denke mal, wie so viele (Freimut und Bazic z.B), hat man keine eigene Destille. Man macht sich abhängig. Spricht man vielleicht nicht so gerne drüber. Nützt aber nichts. Wenn meine Bar in Berlin wäre, wäre Sash und Fritz eventuelle mein Bazic. Zumindest in einer hochpreisigen Bar wäre es mein "Berliner" Wodka im upgrade.

Deutscher Wodka hat noch Luft nach oben. Freimut gibt sicherlich viel vor. Allerdings auch einen Preis, wahrscheinlich gerechtfertig, der kein Volumen zulässt. Gerne würde ich die preiswerten Wodkas der großen Weltkonzerne aus dem pouring nehmen. Aber dazu Fehlen fast bei allen Anbietern noch eine Punktladung. Falls jemand einen Deutschen Vodka empfehlen möchte - freue ich mich auf eine Nachricht

Es nützt ja nichts. Ein Wodka Tasting.

Während ich das hier schreibe, denke ich über ein Wodka Tasting nach. Es nützt ja nichts - und warum nicht. Das VODKA BASHER TASTING ! Ich bin mir noch nicht sicher ob Thema "Deutscher Wodka" oder "Small Craft Wodka" aus verschiedenen Ländern. Freue mich auf Anregungen. Termin folgt.

Wer dieses und weitere Tasting / Trink Abende mit uns nicht verpassen möchte, den bitte ich, sich auf meinem Verteiler anzumelden: www.trinken.jrgmyr.net

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